Überall auf der Welt verdrängt, vernichtet und versklavt das westlich-kapitalistisch-patriarchalische Imperium lokale indigene Kulturen. Helena Norberg-Hodge weist darauf hin, dass dies möglich ist, weil es in den lokalen Kulturen ein schwaches Glied gibt, das westliche Vermarkter ausnutzen. Das schwache Glied sind die Jungen im Teenageralter. Die westliche Kultur ist auf sie zugeschnitten: schnelle Autos, schöne objektivierte Frauen, leicht verdientes Geld, Macht, Ruhm ... Die westliche Kultur ist eine patriarchalische Kultur, die von uninitiierten Teenagern für uninitiierte Teenager geschaffen wurde. Die moderne Kultur verlässt sich auf diese Pubertierenden, um die lokalen Kulturen zu untergraben und zu übernehmen.

Einheimische Jungen werden aus ihren Dörfern geholt und auf Schulen in der Stadt geschickt, "um Fähigkeiten zu erlernen, mit denen sie einen richtigen Job bekommen und Geld verdienen können". Das Geld, das sie verdienen, wird natürlich verwendet, um zu kaufen, was die moderne Kultur herstellt: Rayban-Sonnenbrillen, Camel-Zigaretten, schnelle Autos und eine eigene Wohnung. Dabei lassen sie das Wissen über ihre eigene Kultur zurück. Die Frauen und Mädchen bleiben im Dorf und verrichten allein die Arbeit, die früher die ganze Gemeinschaft gemeinsam erledigt hat. Einst stark und stolz, werden die Frauen aus dem Gemeinschaftsleben, den Entscheidungsprozessen und ihren natürlichen erzieherischen Funktionen ausgeschlossen. Initiationsprozesse geraten in Vergessenheit, ebenso wie das Wissen, Nahrung anzubauen. Gemeinschaften werden getrennt. Wettbewerb schleicht sich ein. Hass und Knappheit werden zur Grundlage des Denkens, Entscheidens und Handelns.

Wenn der Hebel der modernen Kultur für die Überwältigung traditioneller Kulturen die Jungen im Jugendalter ist, dann sind jugendliche Frauen der Hebel für den Übergang der modernen Kultur in die nächste Kultur. Die Frauen, vor allem die jungen Frauen, sind der Schlüssel für die Entstehung der nächsten Kultur.

Frauen sind der Schlüssel, weil sie eine bessere Chance haben, dem patriarchalischen Imperium zu entkommen. In der modernen Kultur sind Frauen die Sklaven der pubertären Mentalität der Männer. Sklaven haben eine bessere Chance, dem Patriarchat zu entkommen als die Herren, weil Sklaven wissen, dass etwas anderes möglich ist. Der Herr sieht keinen Grund, warum er sein Leben gegen etwas anderes eintauschen sollte. Er hat keinen Grund, das System in Frage zu stellen, das ihn zum unumstrittenen Herrscher macht. Wenn Sklaven jedoch erkennen, dass etwas ganz anderes möglich ist, folgt zwangsläufig eine (R)Evolution.

Unsere (R)Evolution begann vor 50 Jahren mit der Frauenbefreiungsbewegung. Ich denke jedoch, dass wir - die Frauen - versagt haben, uns selbst zu befreien.

Wir sind bis heute daran gescheitert, eine Kultur zu erschaffen, in der Männer und Frauen frei sind, kreativ zum Wohle aller zusammenzuarbeiten, auch zum Wohle des Planeten Erde. Dieser Weg der Befreiung ist so schneidend und gefährlich wie eine Rasierklinge. Einige Frauen haben versucht, sich zu befreien, indem sie gegen ein 6000 Jahre altes patriarchalisches System gekämpft haben. Sie versuchten vergeblich, Misshandlungen durch Männer zu verfolgen, oder marschierten mit Plakaten und Slogans durch die Straßen, nur um brutal zu Boden geschlagen, mit Pfefferspray in die Augen gesprüht und in Gefängniszellen oder Schlimmeres verschleppt zu werden. Diese Frauen liefen direkt in die Schwerter, die zur Verteidigung des patriarchalischen Systems ausgefahren wurden, und sie wurden tief verletzt. Andere Frauen haben versucht, die Männer mit ihren eigenen Waffen zu schlagen - in dem Glauben, wenn die Männer sie respektieren würden, könnten sie sich endlich auch selbst respektieren. Frauen kämpften darum, an die Spitze der von Männern dominierten Hierarchiesysteme der Politik, Geschäftsunternehmen, Finanzwesen, Gesundheit, Bildung, Religion, Medien und Waldvernichtung zu gelangen. Die Frauen, die erfolgreich waren, zahlten den höchsten persönlichen Preis, für sich selbst und für uns. Weder der Kampf gegen das System noch das Besiegen des Systems haben es geschafft, das System in etwas anderes zu verwandeln. Beide Strategien sind gescheitert.

Ich glaube, dass wir als Frauen gescheitert sind, weil wir unsere eigene Würde und den Respekt vor uns selbst nicht zurückerobert haben. Wir haben mehr Respekt vor den Männern und ihrem sozialen System als vor unseren eigenen Gefühlen, unserer Stimme, unserer Autorität und unserer Wahrheit. Wir haben uns die Macht, auf uns selbst zu hören und uns selbst zu respektieren, nicht zurückerobert. Selbst wenn die Tür von anderen Frauen - oder heutzutage sogar von bestimmten Männern - geöffnet wird, wenden wir uns in Angst von ihnen ab.

Ich sitze hier mit dieser brennenden Frage - wie können wir Frauen, um der Kinder unserer Kinder willen, um Gaia und dem Leben auf der Erde willen... wie können wir unsere eigene Würde zurückgewinnen? Was ist der Weg zu einer solchen inneren (R)Evolution?

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass wir Frauen dazu neigen, zwischen dem einen oder anderen Extrem zu schwanken. Manchmal haben wir die Gewissheit: Ich bin nicht gut genug, niemals, für nichts. Ich verdiene nichts anderes als dieses Elend. Zu anderen Zeiten behaupten wir: Ich bin die Beste. Diese idiotischen Menschen haben mich nicht verdient. Ich werde ihnen zeigen, wozu ich fähig bin ... oder vielleicht lasse ich sie einfach zurück und quäle sie für immer. Wir stellen uns selbst vor die Wahl: Entweder bin ich weniger wert als die Männer oder ich bin ihnen weit überlegen. Die Täuschung ist, dass das Denken in Polaritäten genauso in den patriarchalischen Konzepten von Trennung und Wettbewerb verwurzelt ist. Es wird zwischen Männern und Frauen genauso aktiv gelebt wie unter Frauen.

Es kam mir in den Sinn, eine Ankündigung zu machen: Frauen! Es ist an der Zeit, dass wir neu anfangen. Wir fangen jetzt in einem anderen Kontext neu an. Unser Neuanfang hat seinen Ursprung in Bewusstsein, radikaler Verantwortung und Interdependenz. Die Wiedererlangung unserer Würde in einem Kontext der wechselseitigen Abhängigkeit ist kein egoistischer Akt. Unsere Würde wiederzuerlangen bedeutet, für uns selbst in Beziehung zu anderen Frauen, Männern und der Natur einzustehen.

Unsere Aufgabe ist es, die Brücke von der modernen Kultur zur nächsten Kultur zu bauen. Die Brücke wird gebaut, indem wir sie gehen. Das Beschreiten dieser Brücke ist der Dienst, den wir leisten, um die Menschheit vor ihrer eigenen Vernichtung zu bewahren. Männer können diese Aufgabe nicht für die Menschheit übernehmen, denn sie sind im Patriarchat gefangen und können es nicht verlassen. Der Wandel findet jetzt mit jeder würdevollen Frau statt, die die Brücke zu einer Kultur der kreativen Zusammenarbeit zwischen dem Weiblichen und dem Männlichen überquert.

Ich schreibe dieses Manifest als Weckruf für jede Frau, die denkt, sie mache innere Arbeit für sich selbst, um sich besser zu fühlen oder ein perfekteres Leben zu haben. So ist es ganz und gar nicht. Diese Zeit ist vorbei. Du machst innere Arbeit, damit deine Kinder und Enkelkinder auf ein Leben hoffen können, damit deine Töchter erfahren können, was es heißt, eine würdevolle Frau in den Armen eines neu erwachten Mannes zu sein, damit dein Sohn eine Chance hat, sich aus einem System zu befreien, das seine Seele auffrisst. Bitte hilf mir. Bitte hilf uns allen. Würdige dich selbst, um etwas Größerem als dir selbst zu dienen.